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Konzept für den Unterricht mit neu zugewanderten Schülerinnen und Schülern an der Realschule Broich

Das Konzept für den Unterricht mit neu zugewanderten Schülerinnen und Schülern an der Realschule Broich orientiert sich an dem Runderlass des Ministeriums für Schule und Bildung zum Unterricht mit neu zugewanderten Schülerinnen und Schülern in der in der Fassung vom 15.10.2018 (BASS 13-63 Nr. 3).

Neu zugewandert im Sinne dieses Erlasses sind Schülerinnen und Schüler, die erstmals eine deutsche Schule besuchen und noch nicht über hinreichende Deutschkenntnisse verfügen, um dem Unterricht zu folgen, oder aufgrund ihrer kurzen Verweildauer in einer abgebenden Schule (z. B. von der Primarstufe zur Sekundarstufe I) die notwendigen Deutschkenntnisse noch nicht ausreichend haben erwerben können.

Gegenstand des Unterrichts auch für neu zugewanderte Schülerinnen und Schüler[1] sind Grundlagen der Orientierung im Alltagsleben in Deutschland und die Bildungs- und Erziehungsziele nach § 2 Schulgesetz NRW (SchulG, BASS 1-1). Darüber hinaus müssen die SuS am Schulleben teilnehmen und zur Teilnahme an freiwilligen Veranstaltungen der Schule eingeladen und ermutigt werden.

Das Erlernen der deutschen Sprache ist für die SuS grundlegende Voraussetzung, damit sie sich möglichst bald und möglichst umfassend am Unterricht beteiligen können.

An der Realschule Broich werden die SuS in teilweise äußerer Differenzierung beschult, d. h. sie erhalten Deutschförderung in einer eigenen Lerngruppe und besuchen in der übrigen Zeit den Unterricht einer Regelklasse. Die Teilnahme an der Deutschförderung soll bei gleichzeitig wachsendem Anteil der Teilnahme an anderen Unterrichtsfächern möglichst schrittweise verringert werden. Über die konkrete Ausgestaltung entscheidet die Schulleitung im Rahmen der ihr zur Verfügung stehenden Ressourcen.

Wir unterscheiden zwei Förderphasen:

Erstförderphase: Dies ist Förderphase zum Erwerb von Deutschkenntnissen und Basiskompetenzen (in der Regel zwei Jahre). Die Deutschförderung umfasst bei teilweiser äußerer Differenzierung mindestens zehn bis zwölf Wochenstunden. Zu beachten ist dabei, dass die Kinder und Jugendlichen SuS unserer Schule, nicht aber des Bildungsganges der Schule sind. Am Ende der Erstförderung ist eine schulformspezifische Bildungsgangentscheidung erforderlich.

Bei SuS, die sich durch ihr soziales Engagement, ihren Leistungsstand (aber nicht zwingend notwendig), pfleglichen Umgang mit schuleigenem Material und geringe Fehlzeiten „bewährt“ haben, ist im Rahmen einer Zeugniskonferenz zu überlegen und ggfls. zu entscheiden, ob er oder sie die Möglichkeit bekommen soll, eine Klasse zu wiederholen, wenn dadurch eine positive Lernentwicklung zu prognostizieren ist.

Anschlussförderung: Diese Phase dient der Förderung der weiteren Sprachentwicklung sowie der fachlichen und sozialen Kompetenzen. Die SuS sind Schüler einer Regelklasse des Bildungsganges unserer Schule. Ziele sind der Erwerb von Bildungsabschlüssen und eine qualifizierte Berufsorientierung.

Der Unterricht „Deutsch als Zweitsprache“[2] basiert auf der Grundlage des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens (GER). Unterrichtet wird je nach Sprachvermögen der SuS, in den Niveaustufen A1, A2 und B1 sowie der Alphabetisierungsgruppe („A0“). Hierzu werden verschiedene Lehrwerke, insbesondere Magnet A1 bis B1 aus dem Klett-Verlag, dazu passende Arbeitshefte sowie unterschiedliche Medien eingesetzt, die das Hör- und Leseverstehen, die Rechtschreibung und die Grammatik trainieren.

Für den Erstspracherwerb ohne jegliche Vorkenntnisse der deutschen Sprache arbeiten wir mit dem „Hamburger Abc“. Nach erfolgreicher Alphabetisierung beginnen wir mit der Vermittlung des Spracherwerbs auf der Niveaustufe A1.

Die SuS wurden uns vom hiesigen KI (Kommunales Integrationszentrum) vermittelt. Das KI berät Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die allein oder mit ihrer Familie aus dem Ausland neu nach Mülheim an der Ruhr zugewandert sind. Nach einem ausführlichen Beratungsgespräch werden die Kinder, Jugendlichen beziehungsweise jungen Erwachsenen (sogenannte Seiteneinsteiger) in eine Mülheimer Schule vermittelt. Nach dem sog. Mülheimer Modell werden von den SE zur Zeit nur Fünft- und Sechstklässler an den Schulen der Sekundarstufe I angenommen. Im weiteren Verlauf begleitet das KI die Bildungslaufbahn nicht nur während der zweijährigen speziellen Sprachförderung, insbesondere an den Schnittstellen vom „Übergang der Klasse 4 in Klasse 5“ sowie im „Übergang Schule / Beruf“, sondern auch bis hin zum Start in das Berufslebens. Hierbei kooperieren das KI und die Realschule Broich in Form von regelmäßig stattfindenden Laufbahngesprächen.


Die Seiteneinsteiger werden nach dem von der Stadt Duisburg übernommenen sog. „Mülheimer Modell“ zu unterschiedlichen Zeitpunkten unserer Schule zugewiesen. Sie kommen aus ganz unterschiedlichen Herkunftsländern an unsere Schule. Diese Kinder und Jugendlichen sprechen in der Regel kein Wort Deutsch und ein Großteil von ihnen ist der lateinischen Schrift nicht mächtig und muss zunächst das lateinische Alphabet erlernen. Dies stellt die Lehrkräfte vor eine große Herausforderung, insbesondere dann, wenn neue Seiteneinsteiger am Unterricht teilnehmen. Die Schwierigkeit im regulären Unterricht, d. h. in den Haupt- und Nebenfächern besteht für die Lehrkraft darin, die Seiteneinsteiger - aufgrund der Sprachbarriere - nicht angemessen fördern zu können. Aus diesem Grund werden in der Regel drei Sprachfördergruppen gebildet (Alphabetisierungsgruppe, Anfänger und Fortgeschrittene), um die SuS, gemessen an ihrem Kenntnisstand der deutschen Sprache, differenziert im DaZ-Unterricht fördern zu können. Alle Seiteneinsteiger in der Erstförderung haben an der Realschule Broich mindestens 10 bis 12 Stunden DaZ-Unterricht in der Woche. Fortgeschrittene SE nehmen, sofern es der Regelstundenplan erlaubt, zwei- bis vierstündig an der Anschlussförderung teil.

Mittlerweile beherrschen fast alle Seiteneinsteiger das lateinische Alphabet, so dass wir die Sprachfördergruppen noch einmal dem jeweiligen Leistungsstand der SE angepasst haben und in Kleingruppen individuell und differenziert unterrichten können.

In den Sprachfördergruppen verbleiben die SE höchstens für zwei Jahre (Erstförderzeitraum). In diesem Zeitraum erhalten die SE zum Ende eines Schul-(Halb-) jahres sog. Lernstandsberichte, die Angaben zur Sprachförderung und zu einer etwaigen Teilnahme am Regelunterricht oder an Projekten sowie Beschreibungen der innerhalb des Unterrichts erbrachten Leistungen enthalten.

Ziel ist die sukzessive Eingliederung in den regulären Unterricht, so dass alle Seiteneinsteiger langfristig am Regelunterricht teilnehmen können.

SuS, die jetzt schon über einen guten Wortschatz der deutschen Sprache verfügen, besuchen beispielsweise den Regelunterricht in den Hauptfächern Deutsch, Englisch und Mathematik sowie in den Wahlpflichtfächern. Der Vorteil, Seiteneinsteiger einer Regelklasse zuzuteilen, besteht darin, dass die Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher Herkunftsländer schneller im Klassenverband integriert werden und durch das Miteinander mit deutschen bzw. deutschsprachigen Schülern schneller Deutsch lernen. Außerdem hat die Erfahrung gezeigt, dass die Klassenkameraden gerne bereit sind, die Seiteneinsteiger im Schulalltag zu begleiten und zu unterstützen. Hier haben sich in der Vergangenheit im Rahmen eines „Patenprogramms“ etliche Schülerinnen und Schüler unserer Schule bereit erklärt, Patenschaften für die Flüchtlingskinder zu übernehmen und auch bei Sprachbarrieren zu helfen. Im kommenden Schuljahr werden wir das Patenprogramm „neu auflegen“ und geneigte sowie leistungsstarke SuS unserer Schule zu „Lesepaten“ ausbilden, die die SE beim Lesen fördern werden.

Sofern es die Personalsituation und das Stundenkontingent es zulassen, erhalten alle SE zusätzlich zum DaZ-Unterricht neben Kunst-, Musik-, und Sportunterricht auch Mathe- und Englischunterricht, der dem jeweiligen Leistungsniveau der SuS angepasst wird, wobei insbesondere in Mathematik auf sprachsensiblen Unterricht Wert gelegt wird.

In der Vergangenheit (2017) nahm ein Großteil der SE an besonderen Projekten, wie z.B. an dem Theaterprojekt „Geduldete Träume“ teil, mit dem unsere Schule zu den Preisträgern des Europawettbewerbs gehörte. Ferner nahmen einige SE, gemeinsam mit anderen SuS unserer Schule, an dem Graphik-Design-Projekt „Woher komme ich, wohin gehe ich“ teil. Bei diesen Projekten stand nicht allein die Suche nach der eigenen Identität im Vordergrund, sondern auch das Sichtbarmachen der kulturellen Verschiedenheiten, die unser modernes Europa ausmachen.

Darüber hinaus werden die Eltern regelmäßig über die Fortschritte der SuS informiert, um auch hier einen engen Kontakt zu den Eltern herzustellen.

Insgesamt kann man sagen, dass die Seiteneinsteiger sich gut entwickeln und zu dem guten Klima der Verständigung, das an unserer Schule herrscht, beitragen.

Sonja Irlenkäuser
Seiteneinsteigerbeauftragte der Realschule Broich

 

[1] im Folgenden mit SuS abgekürzt

[2] im Folgenden mit DaZ abgekürzt